Das große Montessori-Lexikon
von Montessori-Online
© Saskia Haspel, Christiane Salvenmoser und Birgit Salvenmoser
Im Montessori-Lexikon findest du immer die wichtigsten Montessori-Fachbegriffe von A bis Z kurz erklärt!
Möchtest du noch mehr erfahren und wirklich in die Tiefe gehen und fundiertest Wissen erlangen?
Dann legen wir dir die Diplom- und Zertifikatslehrgänge der Montessori-Akademie sehr ans Herz.
A
Absorbierende Geist
In der 1. Entwicklungsperiode (0 – 6 Jahre) nehmen Kinder ihre Umwelt mit einer besonderen Geistesform wahr: dem „Absorbierenden“ Geist. Vergleichbar ist er mit einem Schwamm, der alles, was ihn umgibt, aufsaugt. Das Kind kann noch nicht wissen, was seiner Entwicklung zu- oder abträglich ist. Es nimmt alle Sinnesangebote in derselben Intensität auf, ohne sie auf ihre Qualität hin zu bewerten oder zu hinterfragen.
Der Absorbierende Geist wirkt in den ersten 3 Lebensjahren unbewusst. Alles, was das Kind erlebt, wird unbewusst gespeichert. Diese gespeicherten Inhalte sind uns in unserem späteren Leben höchstens noch punktuell zugänglich. Wir können sie auch nicht abrufen – ja, wir wissen nicht einmal mehr, dass wir diese Inhalte gespeichert haben.
Ab einem Alter von ca. 3 Jahren wirkt der Absorbierende Geist bewusst. Nun werden die bisher gesammelten Eindrücke geordnet sowie neue Eindrücke bewusst wahrgenommen und in die bereits bestehenden Gehirnstrukturen eingeordnet.
Als Erwachsene haben wir in dieser Zeit eine zweifache Verantwortung: Einerseits haben wir dafür zu sorgen, dass das Kind genau das erleben und speichern kann, was seiner Entwicklung zuträglich ist. Andererseits sollten wir alles von unseren Kindern fernhalten, was ihrer Entwicklung abträglich ist.
Aktuell
Maria Montessoris “Pädagogik vom Kinde aus” ist nun bereits über 100 Jahre alt – und noch immer genauso aktuell wie zu Beginn des reformpädagogischen Zeitalters. Mittlerweile sind ihre Beobachtungen und Erkenntnisse als State of the Art von Lern- und Hirnforschung anerkannt und bestätigt.
Auch ihre Philosophie “Erziehung zum Frieden” als Grundlage jeglichen pädagogischen Handelns ist nach wie vor hochaktuell. Der Aufbau eines dauerhaften weltweiten Friedens ist wohl eine der wichtigsten Aufgaben der Menschheit.
Altersmischung
Eine Montessori-Einrichtung besteht aus altersgemischten Gruppen: Die Kleinkindgemeinschaft umfasst Kinder von 1 bis 3 Jahren, das Kinderhaus Kinder von 3 bis 6 Jahren, die Schule Kinder von 6 bis 12 Jahren und am Erdkinderort bilden die Jugendlichen von 12 bis 15 Jahren eine Gruppe und die Jugendlichen von 15 bis 18 Jahren eine andere Gruppe.
Die Jahrgangsmischung ermöglicht dem heranwachsenden Kind immer wieder, in neue “Rollen” zu schlüpfen: So hat das Kind z. B. im Kinderhaus im 1. Jahr die Möglichkeit, sich – vor allem auch an den anderen Kindern – zu orientieren.
Im 2. Jahr kennt es sich bereits gut aus – sei es mit dem Tagesablauf, den Materialien, der sozialen Interaktion – und baut immer mehr Selbstvertrauen auf.
Im 3. Jahr beginnt eine andere Form der sozialen Kompetenz: Das Kind setzt sein Können und Wissen ein, um anderen Kindern zu helfen und übernimmt bereits ein Stück weit Verantwortung für das Gelingen der Gemeinschaft.
Die Montessori-Grundschule ist von Maria und Mario Montessori als große Altersmischung von 6 bis 12 Jahren konzipiert, da es in der 2. Entwicklungsperiode keine Mittelzäsur gibt. Die Charakteristika und Bedürfnisse der Kinder ändern sich zwar in diesen 6 Jahren, grundlegend bleiben sie jedoch dieselben. Aus organisatorischen Gründen trennen manche Montessori-Schulen dennoch in Primarstufe 1 (6 – 9 Jahre) und Primarstufe 2 (9 – 12 Jahre).
In altersheterogenen Gruppen profitieren alle Kinder: Diejenigen, die von anderen lernen, genauso wie diejenigen, die bereits in die „Lehrer*innen“-Rolle schlüpfen und ihr Wissen strukturiert weitergeben. Erwiesenermaßen entsteht in altersgemischten Gruppen wesentlich mehr Kooperation und weniger Konkurrenzdenken.
Anmut und Höflichkeit
Die „Lektionen in Anmut und Höflichkeit“ werden durch eine Art Theaterstück den Kindern nähergebracht und im Rollenspiel geübt. Auf spielerische Art gewinnen die Kinder Sicherheit in allen möglichen sozialen Situationen und lernen, sich selbstbewusst und angemessen zu benehmen.
Kinder, die Menschen und Situationen stimmig einschätzen und sich situationsadäquat verhalten können, werden sowohl von Kindern als auch Erwachsenen geschätzt. Sie erleben sich als eigenverantwortlich handelnde Personen, deren Handeln positives Feedback anderer Menschen auslöst. Dies stärkt sie wiederum in ihrer Kompetenz und ihrem Selbstvertrauen.
Arbeit des Kindes
Jedes Kind leistet ständig Entwicklungsarbeit – auch dann, wenn es spielt. Es arbeitet an seiner Bewegungsentwicklung, an seiner Sprachentwicklung, an seiner sozialen Entwicklung etc.
Wenn die Tätigkeit des Kindes optimal zu seiner Entwicklung passt, fühlt das Kind tiefe innere Befriedigung und Freude. Kinder unterscheiden selbst nicht zwischen Arbeit und Spiel. Wir wissen jedoch, dass jede Tätigkeit Angebote an verschiedenste Entwicklungsbereiche setzt: z. B. an die Hand-Auge-Koordination, die Hand-Hand-Koordination, die Serialität und Sequenzierung u. v. a. m.
Ausbildung
Eine fundierte Montessori-Ausbildung nach internationalen Standards beinhaltet eine intensive Auseinandersetzung mit der Philosophie, der Entwicklungspsychologie und der Pädagogik (Didaktik und Methodik) Maria Montessoris.
Zunächst geht es um die Grundlagen, den theoretischen Hintergrund sowie um den Überblick über das Kind und den Jugendlichen in den verschiedenen Entwicklungsperioden. Im größten Teil der Ausbildung muss sich die Lehre spezifisch auf die jeweilige Entwicklungsperiode fokussieren. Die*der zukünftige Montessori-Pädagog*in wird Spezialist*in für die jeweilige Altersgruppe.
Eine gediegene Ausbildung bietet die Beherrschung aller Entwicklungsmaterialien sowie deren Darbietungen für die jeweilige Altersgruppe, das Classroom Management, Arbeit im Team und mit Eltern sowie die Gestaltung der „Vorbereiteten Umgebung“. Weiters wird die Fähigkeit des wissenschaftlichen Beobachtens weiterentwickelt und daraus resultierend das Wissen um Dokumentation, Auswertung und Planung.
Die Basis für jegliches pädagogisches Handeln bildet die respektvolle Haltung gegenüber den Entwicklungsprozessen jedes einzelnen Kindes. Somit setzt eine tiefgehende Montessori-Ausbildung auch Angebote zu unserer eigenen Persönlichkeitsentwicklung.
Mehr über die fundierte Montessori-Ausbildung für die verschiedenen Altersgruppen, ihre Organisation und ihren Ablauf erfährst du über folgenden Link: MONTESSORI-AUSBILDUNGEN
B
Beobachtung
Die Beobachtung ist eine Schlüsselkompetenz für die Erwachsenen, die Kinder wirklich gut begleiten wollen.
Mit dem ganzen Wesen dem Kind zugewandt beobachten können, ist eine Kunst, die man lernen und trainieren kann, damit man dem Kind wirklich gerecht wird – in dem, was es für seine optimale Entwicklung genau in diesem Zeitpunkt benötigt.
Nicht umsonst sagt Maria Montessori: „Das Beobachten ist die erste Aufgabe des Erwachsenen.“
Blended Learning – siehe auch: Extended Classroom
Blended Learning ist das verschränkte Lernen von Online- und Offline-Lerninhalten an der Montessori-Akademie.
Dies ermöglicht ein Lernen dem individuellen Lerntypus entsprechend und erzielt eine intensivere Auseinandersetzung mit der Methodik und Didaktik.
In den Online-Modulen lehren die Dozentinnen live und stehen für alle Fragen aus Theorie und Praxis zur Verfügung. In den Präsenzmodulen können die Darbietungen von den Student*innen unter Supervision geübt und perfektioniert werden.
Bereits vorab und jederzeit zwischen den Modulen können die Darbietungen in den Online-Kursen aus verschiedenen Blickwinkeln gestreamt und die Theorie-Vorträge so oft wie gewünscht angehört werden.
Somit gewährleistet die Montessori-Akademie Wien in Zusammenarbeit mit Montessori-Online als erste und einzige Montessori-Ausbildung in Österreich eine intensive Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis mit persönlicher Begleitung durch die Dozentinnen.
Um eine vollständige Montessori-Ausbildung nach internationalen Standards in einem Zeitraum von wenigen Semestern anbieten zu können, ist dies die optimale Möglichkeit, allumfassend zu lehren und im individuellen Rhythmus zu lernen.
Blended Learning ist allumfassend, aktuell, interaktiv, Lerntypen-entsprechend, vertiefend, intensiv und trotzdem günstig. Sie bereitet dich optimal auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder in der Praxis vor und macht dich somit sicher in deinem pädagogischen Handeln.
C
Casa dei Bambini
Die junge Ärztin Maria Montessori gründete in einem Projekt des sozialen Wohnbaus in San Lorenzo, einem Stadtteil Roms ihr erstes Kinderhaus. Dies war im Jahre 1907, in einer Zeit, in der es in Italien noch keine elementarpädagogischen Einrichtungen gab. Um zu betonen, dass es ein Haus der Kinder sein sollte, nannte Dr. Montessori ihre Einrichtung „Casa dei bambini“. Der Begriff „Montessori-Kinderhaus“ wurde zu einem Markenzeichen und auch heute heißen manche Kinderhäuser – unabhängig vom Land und der dort gesprochenen Sprache – „Casa dei bambini“.
D
Dachverband – siehe auch: Österreichische Montessori-Gesellschaft
Ein Montessori-Dachverband ist der Zusammenschluss vieler oder aller Montessori-Einrichtungen eines Landes oder eines Bundeslandes. Er bietet den Rahmen für Austausch und gegenseitige Unterstützung zwischen den Einrichtungen sowie Informationen zu pädagogischen, organisatorischen und rechtlichen Fragen. Montessori-Dachverbände organisieren meist auch Kongresse und andere Fortbildungsveranstaltungen, halten Kontakt zu Behörden und leisten Öffentlichkeitsarbeit für die Montessori-Pädagogik.
Darbietung
In der Darbietung zeigen wir dem Kind den exakten Gebrauch eines Materials oder auch eines Alltagsgegenstandes. Sie bezieht sich immer auf einen ganz bestimmten Entwicklungs- oder Lernschritt. Somit besteht auch die Einführung in das Schreiben, Lesen, Zählen und Rechnen aus einer Reihe von Darbietungen mit unterschiedlichen Materialien. Aber auch das Geschichtenerzählen, das Aufmerksam-Machen auf Naturphänomene oder der Bau einer Durtonleiter finden in Darbietungsform statt.
Voraussetzungen für eine „gute Darbietung im rechten Augenblick“ (Maria Montessori) sind zunächst die Kenntnis des Materials und die entsprechende Darbietungskompetenz. Dies braucht Übung. Weiters ist es notwendig zu wissen, wo das Kind in seiner Entwicklung steht, um ihm das genau passende Angebot zu machen – um es nicht zu überfordern oder gar zu langweilen.
Hierfür ist die ständige, wissenschaftliche Beobachtung vonnöten und eine gute Dokumentation zu führen, anhand welcher wir das Kind optimal begleiten, anregen und inspirieren können.
Sprachreduktion, Temporeduktion, Isolation der Schwierigkeit sowie Kürze sind charakteristische Merkmale einer Darbietung.
Das Ziel der Darbietung besteht darin, dass das Kind den Umgang mit dem Material durchschaut, damit es selbst tätig werden kann. Durch Wiederholung und Übung (vor allem in der 1. Entwicklungsperiode) sowie Forschung und Erkenntnisgewinn (vor allem in der 2. Entwicklungsperiode) eignet sich das Kind dann selbsttätig Fähigkeiten und Fertigkeiten an, durchschaut Zusammenhänge und entdeckt Gesetzmäßigkeiten
So wie die Darbietung (“Ich biete dir etwas dar”) gegeben wird, so nehmen sie die Kinder auf. Deshalb geben wir die Darbietung in der bestmöglichen Form. „Der Erwachsene ist der Bindestrich zwischen Mensch und Sache, zwischen Kind und Material.“ (Maria Montessori)
In den Ausbildungslehrgängen für die verschiedenen Altersgruppen an der Montessori-Akademie werden alle Darbietungen und Materialien gezeigt – als Diplom- oder Zertifikatsausbildung oder auch einfach durch die Teilnahme an einzelnen Modulen.
E
Entwicklungsperioden
Die 4 Entwicklungsperioden mit den jeweiligen Sensitiven Phasen, Charakteristika und Sensitivitäten bauen aufeinander auf. Sie dauern rund 6 Jahre und weisen eine jeweils unterschiedliche Dynamik auf: In der 1. und 3. Entwicklungsperiode findet intensive Persönlichkeitsentwicklung und -veränderung statt. Die 2. und 4. Entwicklungsperiode sind in diesem Punkt ruhiger und stabiler. Damit ist der Kopf frei für intensives kognitives Lernen.
Einzelne Perioden können nicht einfach übersprungen werden. Daher kann die nächste Phase erst dann vollkommen zur Geltung kommen, wenn die Entwicklungsschritte der vorangegangenen Phase möglichst gut abgeschlossen und stabil integriert wurden.
- Periode 0 – 6 Jahre: Kennzeichen sind der Absorbierende Geist, die Sensitiven Perioden und der starke Drang, sich an alle Gegebenheiten der Zeit, des Ortes und des Kulturkreises anzupassen. Die Kinder streben danach, alles zu entdecken und zu erlernen, was das Alltagsleben ausmacht.
Diese 1. Periode wird in zwei Unterperioden unterteilt: Zwischen 0 und 3 Jahren arbeitet der Absorbierende Geist unbewusst, zwischen 3 und 6 Jahren bewusst.
- Periode 6 – 12 Jahre: Charakteristika sind der „Reasoning mind“, Schritte in die Abstraktion, die Entwicklung des moralischen Bewusstseins, ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppe sowie der Wunsch ‚hinaus in die Welt‘ zu gehen. Die Kinder interessieren sich für die großen Zusammenhänge der Welt und forschen in den unterschiedlichsten Wissensgebieten. Sie interessieren sich für (nahezu) alles, wenn wir es ihnen spannend und ‚kosmisch‘ anbieten (siehe: ‚Kosmische Erziehung‘)
- Periode 12 – 18 Jahre: Kennzeichen sind eine große Sensitivität für Selbstwert und Würde. Die Jugendlichen wollen ernst genommen werden und versuchen sich in allen Belangen der Erwachsenenwelt. In diesem Punkt brauchen sie Angebote und Vertrauen aber auch Schutz und Geborgenheit. Echte Arbeit mit echter Entlohnung zum Wohl der Gemeinschaft und des Ortes, an dem sie leben, bestimmt ihren Alltag und ihr Interesse. Sie machen sich Gedanken über ihr Leben als Erwachsene: wie, wo, mit wem sie leben und welchen Beruf sie ausüben wollen.
- Periode 18 – 24 Jahre: Junge Erwachsene sind wieder in der Lage, intensiv kognitiv zu lernen. Viele studieren oder erlernen in anderer Form Berufe. Sie erproben sich in unterschiedlichen Lebenslagen. Die meisten brauchen diese Zeit noch, um sich in ihrem Leben einzurichten – sowohl privat als auch beruflich.
Erdkinderplan
Für den jungen Jugendlichen hat Maria Montessori nochmals ein ganz anderes Konzept entworfen, in dem das echte Leben mit seinen vielfältigen Herausforderungen im kleineren, geschützeren Rahmen einer Montessori-Schule ausprobiert werden kann.
Sie nannte ihr Konzept „Erdkinderplan“ – eine Schule des realen Lebens.
Extended Classroom
Die Ausbildung zum*r Montessori-Pädagog*in findet an der Montessori-Akademie Wien zeitgemäß im Blended learning-Format statt. Online-Vorträge, die in freier Zeiteinteilung angehört werden können, wechseln sich mit Live-Online-Modulen ab, in denen die Materialien und ihr Gebrauch gezeigt werden und alle Fragen zu Theorie und Praxis erörtert werden. Die Präsenzmodule dienen der Praxis und dem supervidierten Üben der Student*innen. Bestens ausgebildete Pädagog*innen sind die Voraussetzung für die optimale Entwicklung der Kinder und die eigene Berufszufriedenheit.
So bietet die Montessori-Akademie sowohl den Raum zum Lernen und Üben als auch die Möglichkeit, einen Teil der Lerninhalte von zuhause aus in freier Zeiteinteilung zu erwerben.
F
Fehlerkontrolle
Kinder machen Fehler – wie alle Menschen. In der Montessori-Pädagogik betrachten wir Fehler als Zeichen des Entwicklungsstandes des Kindes. Leben und Lernen lassen sich nur bewerkstelligen, wenn es erlaubt ist, Fehler zu machen.
Die Fehlerkontrolle ist in den Montessori-Materialien für die Kinder der 1. Entwicklungsperiode jeweils integriert, so wie ein nicht passender Puzzlestein Auskunft darüber gibt, dass er wohl an den falschen Ort gesetzt wurde. Durch diese Art der selbstständigen Fehlerkontrolle fördert das Kind seine Lösungskompetenz und ist unabhängig von der Kontrolle und Korrektur des Erwachsenen.
Ab der 2. Entwicklungsperiode liegt die Fehlerkontrolle in der Gruppe. Schulkinder arbeiten meist zu zweit oder in kleinen Gruppen. So können sie voneinander lernen, einander beraten, miteinander diskutieren, um zur richtigen Lösung zu gelangen. In diesem Alter lernen sie, ihre Arbeit mit Hilfe von Wörterbüchern, Taschenrechner u. ä. zu kontrollieren. Daher enthält das Material selbst keine immanente Fehlerkontrolle mehr.
Freiheit
Der Freiheitsbegriff bedeutet bei Montessori keineswegs, dass Kinder tun und lassen können, was sie wollen, im Gegenteil: Freiheit ist in der Montessori-Pädagogik immer an die dreifache Verantwortung geknüpft:
die Verantwortung für uns selbst, für die Gemeinschaft und für die Umgebung.
Wir als Erwachsene spannen einen sicheren und anregenden Entwicklungsraum auf, in dem sich die Kinder und Jugendlichen in größtmöglicher Freiheit betätigen können. Je besser die Kinder und Jugendlichen diese Verantwortung übernehmen können, desto umfassender kann der Freiraum werden.
Freie Wahl
Diese ist die Voraussetzung dafür, dass das Kind seine Fähigkeiten entwickeln kann und dabei zur inneren Ruhe und Ordnung gelangt. Nur so kann auch eine wichtige Komponente der Entwicklung des Kindes entstehen: Die Polarisation der Aufmerksamkeit.
Das Kind kann nach eigenem Belieben entscheiden, mit welchem Material es wann und wo arbeiten möchte. Dabei fühlt es sich bestärkt, denn es lernt seine Fähigkeiten selbst einzuschätzen. Es spürt selbst, wann der richtige Zeitpunkt ist, wie lang es sich mit ein und derselben Tätigkeit beschäftigt und ob und mit wem es zusammenarbeitet.
Die Freie Wahl umfasst daher die Wahl der Arbeit an sich sowie die Wahl des Materials, die Wahl des Zeitpunktes und der Zeitdauer, die Wahl des Ortes und die Wahl der Sozialform.
Damit das Kind frei wählen kann, braucht es vielfältige und stimmige Angebote – sowohl in Form von Entwicklungs- und Arbeitsmaterialien als auch durch die gediegene Darbietung und das möglichst passende Angebot durch die Pädagog*innen.
Nur wenn die Pädagog*innen das Kind ständig, in passenden Schritten und passenden Zeitabständen mit allen Bereichen und Materialien in Kontakt bringen (siehe ‚Darbietung‘) hat das Kind genügend interessante Auswahl, um tatsächlich frei wählen zu können.
Friedenserziehung
Für Maria Montessori und alle Montessori-Pädagog*innen gibt es nur eine erfolgversprechende und dauerhafte Begründung des Friedens in der Welt: durch Erziehung.
Diese ist angewiesen auf eine den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen entsprechende menschliche Kulturumgebung, die ihnen der Erwachsene bereiten muss, und nur er bereiten kann. Maria Montessori sieht im ‚Kampf zwischen Erwachsenem und Kind‘ eine unüberwindbare Hürde im Weg zu einer friedlichen Gesellschaft.
Solange Erwachsene der Aufgabe verhaftet sind, Kinder ihrem Willen zu unterwerfen und sie in ihrem Potential, ihrer Intelligenz und ihrer Würde unterschätzen oder umgekehrt, ihnen zu große, für sie unbewältigbare und überfordernde Freiheiten einräumen, sieht sie den Weg zu einer friedvollen Gesellschaft blockiert.
Maria Montessoris Idee war es, durch eine neue Form der Erziehung Menschen dabei zu unterstützen, friedliebend und friedlich zu bleiben – so wie junge Kinder es von sich aus sind. Je mehr Kinder in dieser besonderen Haltung aufwachsen dürfen, desto eher nähern wir uns Montessoris Vision: dem Weltfrieden.
G
Gehen auf der Linie
Das Gehen auf der Linie wird im Kinderhaus vom ersten Tag an angeboten. Es dient der Bewegungskontrolle sowie der Perfektionierung des Gleichgewicht-Systems.
Hierfür wird eine langgezogene Ellipse auf den Boden gemalt oder geklebt.
Zunächst werden mehrere Vorübungen gezeigt. Wenn die Kinder ausreichend sicher auf der Linie gehen, wird Musik dazu gespielt, die keine wesentlichen Akzente aufweist. Sie dient als Untermalung der Bewegung und unterstützt die Konzentration.
Später spielen wir dann kurze Musikstücke mit unterschiedlichen Rhythmen und zeigen den Kindern passende Bewegungen dazu – zunächst raschere, die dem Tempo der Kinder entsprechen, später langsamere, die eine größere Körperbeherrschung benötigen.
Mit diesen rhythmischen Aktivitäten auf der Ellipse (nach Elise Braun Barnett) erweitern die Kinder – neben vielen anderen rhythmischen Aktivitäten – ihr Rhythmusgefühl mit viel Freude und Kreativität.
H
"Hilf mir es selbst zu tun"
Das wohl berühmteste Motto der Montessori-Pädagogik bezieht sich auf den starken Drang junger Kinder nach Selbständigkeit und Unabhängigkeit.
Sie brauchen unsere Unterstützung bei dieser Entwicklung – vor allem in den ersten Lebensjahren. Ein passendes Maß der Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, ist eine große Kunst, die Übung und sehr gute Beobachtung der Kinder benötigt.
Je mehr das Kind Schritt für Schritt selbst machen darf, desto früher und besser wird es die verschiedenen Tätigkeiten durchführen können.
Selbständigkeit schafft Zufriedenheit und Selbstvertrauen.
Humane Tendenzen
Menschliche Tendenzen sind typisch menschliche Neigungen, die uns zu bestimmten Verhaltensweisen führen. Sie dienen der Anpassung an die Umwelt und somit dem Überleben. Sie unterscheiden sich jedoch von Instinkten.
Humane Tendenzen sind z. B. sich orientieren, ordnen, kommunizieren, hantieren und abstrahieren, aber auch die Befriedigung spiritueller Bedürfnisse spiegelt sich in den Humanen Tendenzen wider.
Die Humanen Tendenzen begleiten uns durch unser ganzes Leben, sind jedoch in den einzelnen Entwicklungsperioden unterschiedlich stark ausgeprägt. So zeigt sich die Humane Tendenz „ordnen“ besonders deutlich während der Sensitiven Periode für Ordnung, also in der 1. Entwicklungsperiode. Im Gegensatz dazu bauen die Kinder die Fähigkeit zu abstrahieren erst nach und nach auf. Sie zeigen diese Humane Tendenz daher besonders stark in der 2. Entwicklungsperiode.
I
Isolation der Eigenschaft
Eine der Säulen der Montessori-Pädagogik ist das Prinzip der Isolation. Damit Kinder den Lerninhalt gut durchschauen und verinnerlichen können, sind die Materialien mit der Isolation der Eigenschaft und der Isolation der Schwierigkeit ausgestattet, die Sinnesmaterialien zusätzlich auch mit der Isolation des Sinnes.
Dadurch können sich die Kinder besonders gut auf die eine Eigenschaft, die eine Schwierigkeit oder die eine Sinneswahrnehmung konzentrieren und dringen somit tiefer in das Thema ein, als wenn sie durch unterschiedlichste Angebote abgelenkt wären.
Imaginationsfähigkeit
Kinder entwickeln Schritt für Schritt ihre Vorstellungskraft. Diese Fähigkeit, etwas vor unser geistiges Auge oder unser geistiges Ohr zu holen, ermöglicht uns, uns etwas vorzustellen, über das uns erzählt wird oder zu dem wir Bilder sehen.
Die Imaginationsfähigkeit entwickelt sich vor allem in der 2. Entwicklungsperiode und bleibt uns ein Leben lang erhalten. Die Imagination stellt bei den Schulkindern eine wesentliche Säule des Lernens dar.
Um die Vorstellung der Kinder anzuregen und zu unterstützen, erzählen wir Geschichten, zeigen Bilder, arbeiten mit Zeitleisten und mit Modellen und laden sie zu Versuchen ein.
So können sich die Kinder z. B. besser vorstellen, welche physikalischen und chemischen Prozesse zur Entstehung der Erde beigetragen haben, wenn dazu Experimente durchführen dürfen, bei denen sie diese Prozesse im Kleinen beobachten können. Der berühmte Vulkanversuch ist dabei besonders beliebt. Wohlgemerkt: Wir sprechen von Kindern ab 6 Jahren!
Innerer Bauplan
Wenn Maria Montessori sagt, dass jedes Kind einen Bauplan in sich trägt, so meint sie nicht, dass die Entwicklung vollständig vorgegeben ist – im Gegenteil! Damit sich das Kind bestmöglich nach seinem inneren Bauplan entwickeln kann, braucht es eine anregende Lernumgebung und Erwachsene, die ihm ein gutes Vorbild sind und zeigen, was wir alle im Leben brauchen.
Dr. Montessori macht uns in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass Entwicklungsprozesse in einer bestimmten Reihenfolge ablaufen und jedes Kind seine individuelle Zeit für diese Entwicklung braucht.
J
K
Kinderhaus
Der deutsche Begriff „Kinderhaus“ leitet sich vom italienischen Begriff „casa dei bambini“ ab. Maria Montessori eröffnete im Jahr 1907 in Rom ein „Haus der Kinder“, in dem sie erstmals optimale Entwicklungsbedingungen für junge Kinder schuf und ihre Pädagogik erprobte und weiterentwickelte.
Kleinkindgemeinschaft
Die Montessori-Einrichtung für Kinder im Alter von ca. 1,5 bis ca. 3 Jahren wird im deutschen Sprachraum „Kleinkindgemeinschaft“ genannt. Der wichtigste Teil dieses Wortes ist „Gemeinschaft“, da die Kinder mit einer kleinen Gruppe anderer Kinder erleben, wie Gemeinschaft funktioniert. Dafür bauen sie nun ihre sozialen Fähigkeiten weiter aus und lernen viele unterschiedliche Persönlichkeiten und Verhaltensweisen von Kindern in derselben Altersgruppe kennen.
Konzentration
Konzentrierte Arbeit führt zu raschen und guten Ergebnissen. So weit, so klar.
Die spontane Konzentration, die Kinder in der Arbeit mit dem Montessori-Material zeigen, dient darüber hinaus in besonderem Maß ihrer Entwicklung: Durch die fokussierte Aufmerksamkeit werden Gehirnstrukturen aufgebaut und vertieft, erfährt das Kind eine tiefe Befriedigung in der Arbeit und wirkt nach Beendigung der Tätigkeit ausgeglichen und freudig.
In der deutschsprachigen Literatur wird die spontane Konzentration oft mit dem Begriff „Polarisation der Aufmerksamkeit“ benannt.
Kosmische Erziehung
Die Kosmische Erziehung ist das pädagogische Konzept für die 6- bis 12-jährigen Kinder und somit die Basis und der Überbau des Schulunterrichts.
Alles, was Kinder in der Schule lernen, ist in die Geschichte eingebettet – entweder ist es Naturgeschichte oder Menschheitsgeschichte. Alle Themen – sei es Sprache, Musik, Mathematik, Kunst, Philosophie, Biologie oder Geografie – werden von der Kosmischen Erziehung abgedeckt.
Im Rahmen der Kosmischen Erziehung entwickeln die Kinder ein tiefes Verständnis für die Zusammenhänge auf der Welt und die Stellung des Menschen. Sie erkennen die großen Leistungen der Menschen im Lauf der Jahrtausende und entwickeln Bewunderung für die Großartigkeit der Natur. Sie verstehen die wechselseitigen Abhängigkeiten in der Natur und der Kultur und bauen die Fähigkeit der dreifachen Verantwortung in sich auf: die Verantwortung für sich selbst, die Gemeinschaft und die Umgebung.
Kunst
Wir Menschen haben nicht nur einen strukturierten, sondern auch einen kreativen, schöpferischen und schaffenden Geist. Für die unterschiedlichsten Arten des Selbstausdrucks braucht es einen freien Geist.
Dieses kreativ-schöpferisch Schaffende zeigt sich bei unterschiedlichen Menschen ganz verschieden. Dies bedeutet, dass jede Vorbereitete Umgebung ein breitest gefächertes Angebot, nicht nur für die Sprache, die Mathematik und für die Sinne, sondern für den ganzen Menschen bereitstellen und anbieten muss.
In der Montessori-Einrichtung lernen die Kinder unterschiedlichste Kunsttechniken kennen, um ein umfassendes Werkzeug für ihren Selbstausdruck zur Verfügung zu haben. Eingebettet sind diese Kunsttechniken in die Werkbetrachtung verschiedenster Künstler*innen aus unterschiedlichen Epochen. Wir erzählen den Kindern Geschichten über diese großen Künstler*innen, bieten Bücher mit qualitativ hochwertigen Abbildungen berühmter Werke und schmücken natürlich auch unser Kinderhaus und unsere Schule mit Werken der ganz Großen.
L
Lektion der 3 Zeiten oder 3-Stufen-Lektion
Die 3-Stufen-Lektion ist eine methodische Möglichkeit, die das Lernen besonders gut unterstützt.
Generell erfolgt menschliches Lernen in drei aufeinanderfolgenden Stufen: von der Assoziation zur Reproduktion und anschließend zur Abstraktion.
Der Begriff „3-Stufen-Lektion“ wird meist in Zusammenhang mit der dreistufigen Sprachlektion verwendet. Auf der 1. Stufe benennen wir den Gegenstand. Die 2. Stufe besteht aus einem fröhlichen Spiel, in dem wir den Begriff immer wieder sagen und das Kind zu verschiedenen Tätigkeiten mit den Gegenständen einladen, z. B.: „Zeig mir den Kegel, stell den Zylinder hierhin, gib mir das Ovoid“ usw. Auf der 3. Stufe laden wir das Kind ein, den Begriff selbst zu sagen.
In der Schule werden diese Begriffe häufig direkt während der Darbietung auf Papierstreifen geschrieben, sodass sie die Kinder selbständig zuordnen aber auch richtig schreiben können, wenn sie dann Plakate oder Büchlein zu dem entsprechenden Thema gestalten.
Leiterin - die neue Lehrerin
Die Leiter*in – wie Maria Montessori sie genannt hat – ist im besten Sinne des Wortes Pädagog*in. Wir leiten die Kinder an, alle Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, die sie in ihrem Leben brauchen.
Montessori-Pädagog*innen besitzen einen tiefen Sinn für die Würde des Kindes, Wissen über die geistig-seelischen Gesetzmäßigkeiten, ernsthafte Achtung vor jedem einzelnen Menschen und Respekt vor seinen Entwicklungsbedürfnissen und seinem Entwicklungstempo.
Die methodisch wichtigen Aspekte sind die soliden Kenntnisse des Materials in allen seinen Teilen, die didaktischen Reihen und die dazugehörigen Darbietungen.
Profunde methodisch-didaktische Kenntnisse gepaart mit respektvoller, liebevoller Haltung gegenüber den Kindern und Jugendlichen machen gute und erfolgreiche Montessori-Pädagog*innen aus.
Lob und Tadel
Kinder, die wirklich aus intrinsischer Motivation lernen, brauchen diese Art von Bewertung nicht. Ganz im Gegenteil! Die Montessori-Pädagogik betrachtet sie als manipulatives Verhalten, das in die Abhängigkeit führt.
Wenn wir Kinder daran gewöhnen, für Lob zu arbeiten und Tadel zu vermeiden, so lernen sie, ihr Verhalten und ihre Leistungen mit den Augen der Außenwelt zu betrachten, statt sie aus der Innensicht heraus zu reflektieren.
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